Le Marais ist eines der ältesten Viertel von Paris – und auch eines der schönsten. Wo sich einst vor den Toren der französischen Hauptstadt ein ödes Sumpfland ausbreitete, liegt heute ein Szeneviertel mit hippen Cafés und Boutiquen, spannenden Museen, Galerien und Kunststiftungen, aber auch mit grünen Parks und einem bunten und weltoffenen Lifestyle.
Quartier Le Marais in Paris: Vom Sumpfland zum Szeneviertel ♥ Lesezeit: 8 Minuten
„Sumpf“: Das bedeutet das Wort „Marais“ in deutscher Übersetzung. Denn das Quartier Le Marais war lange ein Sumpfland, das sich nach damaligen Stadtgrenzen außerhalb von Paris befand. Die Trockenlegung begann im 13. Jahrhundert, im 14. Jahrhundert wurde eine erweiterte Pariser Stadtmauer errichtet, die Le Marais einschloss.
Marais ist bekannt als Mittelpunkt jüdischen Lebens in der französischen Hauptstadt. Seit dem Mittelalter war das Viertel immer wieder Zufluchts- und Rückzugsort für die jüdische Gemeinde aus Ost- und Westeuropa gewesen. Im 17. Jahrhundert entdeckte dann der Adel das Viertel für sich und erbaute erste pompöse Stadtpaläste.
Le Marais in Paris: Das „Pletzl“ der Juden
Im 18. Jahrhundert änderte sich das wieder. Mit der Französischen Revolution und dem darauf folgenden Sturz der Monarchie wurde der letzte verbliebene Adel aus den schicken Stadtpalais gejagt. Dafür kehrten viele Juden zurück in ihr „Pletzl“. Auf Jiddisch heißt das so viel wie „kleiner Ort/Platz“. Zumindest bis zum Zweiten Weltkrieg. Damals wurden mehr als 25.000 Bewohner des jüdischen Viertels in Paris von den Nazis ermordet. An vielen Häusern hängen heute Plaketten, die die Erinnerung an die Opfer aufrechterhalten. Nach der Verfolgung unter Nazi-Deutschland zog Marais seine bunte jüdische Gemeinde wieder an, die bis heute anhält.
In der Nachkriegszeit waren viele architektonischen Meisterwerke Marais in einem schlechten Zustand. Die französische Regierung startete deshalb ein Programm zur Reinvestition in das Viertel. Eine Besonderheit sind einige gut erhaltene Adelspaläste aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Als der Baron Haussmann im 19. Jahrhundert das Stadtbild von Paris modernisierte, überstand das Viertel die Modernisierungsbestrebungen. Heute liegt das Marais sowohl im 3. als auch im 4. Stadtbezirk und lockt mit hippen Cafés und Boutiquen, spannenden Museen, Galerien und Kunststiftungen, aber auch mit grünen Parks und einem bunten und weltoffenen Lifestyle.
Marais in Paris: Rue des Rosiers
Marais ist quasi zweigeteilt: in den Norden „Haut-Marais“ und den Süden oberhalb der Rue du Rivoli. Rund um die Rue des Rosiers im südlichen Teil erstreckt sich das jüdische Viertel. Der Name „Straße der Rosenbüsche“ ist Programm: Die von Rosensträuchern gesäumte Straße aus dem 12. Jahrhundert beherbergt Geschäfte, Lebensmittelläden, Buchhandlungen und Restaurants und ist bekannt für die besten Falafels von Paris und Restaurants, Fleischer und Bäckereien, die das Kashrut-Zertifikat des Beth Din, des Großrabbiats von Paris, tragen. Dieses garantiert, dass die angebotenen Waren koscher sind.
Das „l’As du Fallafel“ gilt beispielsweise als Ikone. Das Restaurant ist für sein Falafel-Sandwich mit Auberginen und Hummus bekannt. Nicht weit entfernt liegt „La Boutique Jaune de Sacha Finkelsztajn“, deren Erfolgsgeschichte in den 1930er-Jahren begann, als die Großeltern von Sacha Finkelsztajn ihren Laden eröffneten. Seit 1985 ist ihr Enkel in der gehypten jüdischen Konditorei am Werk.
Jüdische Museen im Marais
Das jüdische Viertel in Marais hat während des Zweiten Weltkrieges besonders viel mitgemacht. Heute ist das „Mémorial de la Shoah“ der zentrale Gedenkort an den Holocaust in Frankreich. Auf der Mauer des versteckten Denkmals sind die Namen von 76.000 jüdischen Opfern aus Frankreich eingraviert.
Wer sich für die Geschichte und Kultur der Juden Europas interessiert, ist im „Musée d’Art et d’Histoire du Judaïsme“ genau richtig, dem „Museum für Kunst und Geschichte des Judentums“. Das Museum befindet sich in einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, davor liegt der nach Anne Frank benannte Garten. Hier steht auch ein Kastanienbaum, der aus einer Kastanie jenes Baumes entstand, der vor dem Haus wuchs, in dem sie sich während des Zweiten Weltkriegs versteckt hielt.
Jardin des Rosiers Joseph Migneret
Der „Square du Temple“ ist die größte Grünfläche des Marais, es gibt aber viele andere Parks im Viertel. Eine versteckte Oase verbirgt sich hinter der Adresse Rue des Rosiers Nr. 10. Hier öffnet sich die Türe zum „Jardin des Rosiers Joseph Migneret“. Der Garten wurde nach Joseph Migneret benannt. Der Direktor der Jungenschule „École élémentaire des Hospitalières-Saint-Gervais“ rettete während des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Juden, indem er ihnen falsche Papiere zur Verfügung stellte.
Die prächtige Gartenanlage entstand aus einer Zusammenlegung der Gärten des „Hôtel de Coulanges“, des „Hôtel de Barbes“ und des „Hôtel d’Albret“. Sehenswert sind nicht nur die vielen Bäume und Pflanzen, sondern auch die Überreste der Philippe-Auguste-Mauer, der alten Stadtmauer von Paris.
Bazar de l’Hôtel de Ville: BHV Marais
Im Haut-Marais in unmittelbarer Nähe zum „Hôtel de Ville“ liegt die französische Kaufhauskette „BHV Marais“, die kleine Schwester der Galeries Lafayette. Die Geschichte des historischen Kaufhauses reicht weit zurück: Es wurde im Jahr 1856 durch François Xavier Ruel gegründet.
Kein einziges Pariser Lifestyle-Kaufhaus bietet eine solche Vielfalt unter einem Dach. Auf einer Verkaufsfläche von 45.000 Quadratmetern gibt es hier nichts, was es nicht gibt: Mode, Beauty, Haushaltswaren, Lebensmittel und sogar Eisenwaren. Besonders cool ist „Le Perchoir“, die Bar auf dem Dach, von der man bis zum Eiffelturm sieht.
Marais in Paris: Place des Vosges
Der nördliche Teil vom Marais ist vor allem bekannt für die Gegend rund um die Rue de Rivoli, Rue Vieille du Temple und den Place des Vosges. An der Grenze zwischen 3. und 4. Arrondissement liegt der berühmte Platz, der für seine Architektur bekannt ist. Er wurde von Heinrich IV im frühen 17. Jahrhundert als Königsplatz in Auftrag gegeben und gilt als einer der Prototypen für Wohnanlagen in Europa.
Der Platz ist als Quadrat gestaltet, das fast komplett von Häusern umschlossen ist, deren Fassaden im selben Stil gehaltenen sind und über Arkaden verfügen. Wo einst Adlige und wohlhabende Bürger lebten, gibt es heute Hotels, Galerien und Restaurants.
Maison Victor Hugo
Der berühmteste Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, Victor Hugo, ist eng verbunden mit dem Place des Vosges. Er wählte die außergewöhnliche Location als Wohnort, an dem er von 1832 bis 1848 lebte. Teile von „Les Miserables“ und andere erfolgreiche Werke sind hier entstanden.
Sein früheres Zuhause kann heute besichtigt werden. Anlässlich seines 100. Geburtstages im Jahre 1903 wurde das Museum eingerichtet. In der „Maison Victor Hugo“ kann man auf drei Ebenen in die Welt Victor Hugos eintauchen. Zu sehen gibt es zahlreiche Gemälde, Zeichnungen, Bücher, Manuskripte, Möbel und persönliche Gegenstände.
Picasso-Museum
Im Marais liegt eines der wichtigsten Museen der Stadt – und das weltweit bedeutendste Picasso-Museum. Der berühmte spanische Maler lebte lange in Paris und erlebte hier seine produktivsten und innovativsten Jahre. 1985 wurde das „Musée Picasso“ eröffnet. Zu sehen gibt es Hunderte seiner Werke aus allen Perioden seines Lebens sowie weitere Bilder von berühmten Kollegen wie Cézanne, Degas und Matisse.
Das Museum befindet sich im „Hôtel Salé“. Das ehemalige Stadtpalais stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde einst von Pierre Aubert, einem Steuereintreiber für Salz, erbaut. Daher auch der Name. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Haus mehrfach die Besitzer und die Funktion. Es fungierte unter anderem als Hotel, Schule und sogar als Botschaft von Venedig. Seit dem Jahr 1962 gehört das Gebäude der Stadt Paris und ist seit 1968 denkmalgeschützt.
Streetart im Marais
An vielen Stellen zeigt sich das Marais bunt, kreativ und humorvoll. Wer den Blick beim Bummel durch das Viertel hebt, entdeckt zahlreiche Kunstobjekte: Überall an den Wänden prangen kleine und große Graffitis, Collagen, Schablonen oder Fresken. Die Streetart im Marais ist vielseitig und ziert längst nicht nur die Mauern des Viertels, sondern auch Briefkästen, Rollläden oder Mobiliar.
Am bekanntesten sind die Werke des Amerikaners Shepard Fairey alias Obey, die Frauenporträts in Schwarzweiß der Deutschen Konny Steding, die Aliens-Mosaike von Invader oder die fetten Grinsekatzen von M. Chat. Wer will, kann eine Streetart-Tour buchen.
Marché des Enfants Rouges
Die älteste Markthalle von Paris liegt im nördlichen Bereich vom Marais. Seit mehr als 400 Jahren kaufen Einheimische und Touristen hier frische französische Produkte. Der „Marché des Enfants Rouges“ wurde im Jahr 1615 von Ludwig XIII. ins Leben gerufen und ist bekannt für seine Qualität. Jedes Geschäft wird individuell geführt.
Der Name ist eine Anspielung an die Uniform, die die Kinder, die in einem Waisenhaus-Krankenhaus in der Nachbarschaft wohnten, trugen und die rot gefärbt war. Neben den typischen Markständen in der überdachten Halle gibt es auch Foodstände mit Gerichten aus der ganzen Welt.
Marais in Paris: Shopping
Das Marais ist bekannt für seine Shoppingmöglichkeiten. Hier reihen sich Prêt-à-porter-Boutiquen und junge Designer und französische Marken wie A.P.C., Lemaire, Zadig & Voltaire, Abou d’Abi Bazar oder Isabel Marant.
Generell gilt: In der Rue Vieille du Temple gibt es zahlreiche angesagte Boutiquen, die Rue de Rivoli bietet eine Mischung aus angesagten Modeketten, Souvenirläden und Boutiquen, während die Rue des Francs Bourgeois als die Heimat vieler etablierter französischer Marken gilt.
Marais in Paris: Concept-Store Merci
Einer der hippsten Läden ist der Concept-Store „Merci“. Über mehrere Etagen und auf rund 1.500 Quadratmeter gibt es ausgefallene Wohn-, Make-up- und Modemarken, dazu Bücher, Künstlerbedarf und Schmuck. Regelmäßig finden Kunstinstallationen und kleine Ausstellungen statt.
Die „Vogue“ bezeichnete den Store als „a small paradise of Parisien chic“. Besonders cool: Viele Designer stellen Ihre Produkte und Kleidungsstücke günstiger zur Verfügung, denn alle Einnahmen fließen in Hilfsprojekte, vor allem auf Madagaskar.
Marais in Paris: The Broken Arm & Empreintes
Ähnlich angesagt ist „The Broken Arm“, eine Mischung aus Concept-Store und Café. Das coole Konzept ging 2013 an den Start und bietet Kleidung und Accessoires von Designern, hausgemachte Patisserie und warme Getränke in einer skandinavischen Einrichtung.
Spannend ist auch der französische Kunsthandwerks-Concept-Store „Empreintes“. Hier gibt es handgefertigte Objekte, Töpferwaren, Schmuck und Haushaltswaren französischer Designer – von filigranen Vasen über auffällige Skulpturen bis hin zu einzigartigen Möbeln. Die Materialien stehen an erster Stelle, jede Kreation ist echtes französisches Kunsthandwerk.
Marais in Paris: Passage de l’Ancre
Paris ist bekannt für seine prächtigen Passagen. Im Marais lockt allerdings eine Passage ohne Superlative, dafür mit viel Charme. Nur wenige Schritte vom „Musée des Arts et Métiers“ entfernt liegt die Passage de l’Ancre, die „Passage des Ankers“. Sie verdankt ihren Namen einem ankerförmigen Schild, das an einer alten Herberge angebracht war.
Der schmale Durchgang mit einer Breite von 2,5 Metern und einer Länge von 50 Metern verband einst die Rue Saint-Martin mit der Rue du Bourg l’Abbé, bis 1855 der Boulevard de Sébastopol angelegt wurde, der die Durchgangsstraße durchtrennte. Die Passage de l’Ancre gilt als eine der ältesten Passagen von Paris und ist mit Blumen und Pflanzen geschmückt.
Museen im Marais
Das Marais bietet eine Vielzahl spannender Museen. Die „Maison Européenne de la Photographie“ ist eines der besten Fotomuseen von Paris, das nur Wechselausstellungen zeigt. Um klassische Kunst geht es im „Musée Cognacq-Jay“. Dieser „Mini-Louvre“ ist in einem Privathaus ist dem 18. Jahrhundert gewidmet, mit einigen Meisterwerken von Rembrandt, Canaletto, Greuze, Vigée Le Brun, Quentin de la Tour, Watteau oder Fragonard.
Wer sich mit der Geschichte von Paris beschäftigen will, ist im „Musée Carnavalet“ genau richtig. Das prächtig renovierte Haus behandelt Paris von den Anfängen der Stadt bis zur Gegenwart. Das „Musée de la chasse et de la nature“ wiederum ist ein Jagd- und Naturmuseum und dank der Sammlung an ausgestopften Tieren und einem Kabinett mit Tierexkrementen eine Art Kuriositätenkabinett.
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