Zum Inhalt springen

Reise-Kolumne: Verrückter Familienurlaub in Griechenland

Auf Kos fing alles an. Da verbrachte ich einst spontan einen Familienurlaub mit meinen Eltern und stellte fest: Es war der beste Urlaub meines Lebens. Das liegt vermutlich daran, dass wir dieselbe Vorstellung von Ferien haben (schlafen, sonnen, sau... äh, trinken), daher sind wir seitdem mehrfach miteinander weggefahren und haben einige denkwürdige Wochen miteinander verbracht.

Urlaub mit meinen Eltern bedeutet: Nach ein paar Tagen wäre es taktisch klug, das Hotel zu wechseln. Nach einer Woche das Land. Und nach zwei Wochen den Kontinent. Zu dritt im Urlaub sind wir eine Love Parade auf sechs Beinen: laut, lustig, außer Kontrolle – und nur ein Mal im Jahr auszuhalten. Dazu kommt: Wir sind ein eingespieltes Team und urlauben bereits ab dem ersten Tag nach einem eingespielten Rhythmus: Frühstücken, am Strand liegen, schlafen, Mittagessen, am Strand liegen, schlafen, Abendessen, am Strand trinken, umfallen, schlafen.

Dazu hat jeder noch eine Zusatzfunktion. Ich verhalte mich – der Rolle des Kindes in der Familie entsprechend – kindisch, brülle minütlich „Wer spielt mit mir, räbäääh?“ und vergrabe mehrfach täglich die Schlapfen meiner Mutter im Sand, was vor allem dann lustig ist, wenn sie auf die Toilette muss und wie ein Duracell-Häschchen panisch am Strand auf und ab hüpft und sich entscheiden muss, was das geringere Übel ist: griechischer Fußpilz und öffentliches Einnässen. Mein Vater kümmert sich währenddessen um unser leibliches Wohl und reicht mehrmals täglich kleine Snacks an unsere Strandliegen (in Wahrheit sind es kleine Biere). Die Aufgabe meiner Mutter indes ist die multikulturelle Kommunikation mit anderen Hotelgästen und Animateuren. Sie ist nicht umsonst promovierte Sprachwissenschaftlerin und kann „Verpiss dich“ auf siebzehneinhalb Sprachen sagen, was besonders nützlich ist, wenn uns wieder mal jemand zu geselligem Nackt-Bingo, Senioren-Wet-T-Shirt-Contests, Schischa-Kampfrauchen, Yoga für Legastheniker oder einem Henna-Tattoo auf dem Hintern überreden will. Unser einziger Sport besteht darin, uns regelmäßig auf unseren Strandbetten umzudrehen, um Wundliegen vorzubeugen, und den Finger zu heben, damit der Poolboy das nächste Bier bringt.

Aber abgesehen davon sind wir aktiver, als man denkt. Tagsüber turnen wir stundenlang auf einer Luftmatratze im Meer, imitieren Tragflügelboote und andere schwimmende Objekte, kreischen und kichern bei jeder hohen Welle wie grenzdebile Vorschulkinder und veranstalten so ein Rambazamba, dass die Teilnehmer der Aqua-Fitness-Gruppe zu uns wechseln wollen, weil unsere Animation einfach besser ist als die der Hotelangestellten.

Abends an der Bar zeigen wir uns dann ebenso sportlich und starten den Wettkampf, wer am schnellsten betrunken ist. Doch so sehr ich mich auch bemühe – meist gewinnt mein Vater. Der kann nämlich Ouzo trinken, bis er ihm aus den Ohren rauskommt, und hat außerdem den Barchef geschmiert, sodass sein Glas nie leer wird und ich mehrfach täglich von fremden Menschen ehrfürchtig gefragt werde: „Where is Ouzo-Kurt?“ Bei unserer Abreise haben die Kellner dann meist Tränen in den Augen und rufen ihm traurig zu: „You are the best man in Austria! Du wieder komme, Mister Ouzo!“

Macht er – demnächst geht’s an die türkische Riviera. Falls Sie also auch da sind und sich über eine johlende Menschentraube an der Bar wundern – irgendwo in der Mitte steht mein Vater. Natürlich mit einem Ouzo in der Hand. Jamas!


(Erstmals erschienen in: „Kärntner Monat“, Ausgabe 09/2010)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert