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Wo die wilden Wellen wogen: Liebeserklärung an die Kapverden

Die Wellen rauschen an der Küste der Kapverden nicht, sie wogen und wüten und werfen sich mit voller Wucht an den Strand. Die Kapverdischen Inseln sind so klein, dass sie auf einer Weltkarte wie bunte Kleckse wirken, die jemand versehentlich in die Weite des Meeres gemalt hat. Rundum liegt nur der gewaltige Ozean, aber kein Stück Land, dem die Wellen auf ihrem Weg begegnen könnten ...


Wo die wilden Wellen wogen: Liebeserklärung an die Kapverden ♥ Lesezeit: 5 Minuten


Es ist das Meer, in das ich mich zuerst verliebe. Die Wellen rauschen an der Küste der Kapverdischen Inseln nicht, sie toben und wüten und werfen sich mit voller Wucht an den Strand, als ob es für sie kein Halten gäbe. Ungetüm und mächtig. „Das liegt daran, dass ihnen nichts im Weg ist“, sagt mein Guide und deutet auf die Weite des Atlantiks, wo nichts zu sehen ist außer Nuancen als Blau, in denen sich Meer und Himmel begegnen.

Es stimmt. Steht man an einer der Kapverdischen Inseln im Süden am Strand und blickt auf den Ozean, siehst man nur das Meer. Sonst nichts. Kein anderes Land, keine andere Insel, auf die die Wellen treffen könnten. Selbst, wenn man sich eine Weltkarte ins Gedächtnis ruft: Hier gibt es nichts außer dem Ozean. Die nächste Landmasse, die sich den Wellen in den Weg stellen könnte, ist die Antarktis, aber die ist so weit weg, dass man sich das kaum vorstellen kann. Vielleicht ist die Brandung deshalb so ungezügelt.

Wo die wilden Wellen wogen: Liebeserklärung an die Kapverden

Die Inselgruppe der Kapverden liegt etwa 570 Kilometer vor der afrikanischen Westküste und besteht aus 15 Inseln, von denen neun bewohnt sind. Insgesamt 500.000 Einwohnern leben auf einer Fläche von gerade mal 4.033 km². Damit sind die Kapverden eines der kleinsten Länder der Welt und so winzig, dass sie auf einer Weltkarte wie bunte Kleckse wirken, die jemand versehentlich in die Weite des Meeres gemalt hat.

Kleine Kleckse allerdings, die eine große Geschichte erzählen. Wo Afrika draufsteht, ist Portugal drin – oder zumindest beides. 1456 entdeckten portugiesische Seefahrer die Kapverdischen Inseln und wollten die unbewohnte Inselgruppe direkt nutzen. Die ideale Lage im Drehkreuz zwischen Europa, Amerika und dem indischen Ozean erschien ihnen perfekt, um neue Handelswege zu erschließen und politische Häftlinge unterzubringen. 

Doch was als strategische Idee begann, entwickelte über die Jahrhunderte eine andere Dynamik: „Freie“ und Sklaven lebten auf den Kapverdischen Inseln friedlich und selbstverständlich Seite an Seite. So entstand im Laufe der Zeit ein spannender Mix der Ethnien und eine neue, kreolische Kultur. Der Inselstaat wurde dann erst im Jahr 1975 eine unabhängige Republik und war bis dahin portugiesisches Überseegebiet. Wer heute die bunte Welt der Kapverden erkundet, erlebt afrikanische Kultur und portugiesisches Flair.

Wo die wilden Wellen wogen: Liebeserklärung an die Kapverden

Es sind auch die Menschen, in die ich mich hier verliebe. Sie sind freundlich, humorvoll, hilfsbereit und relaxt, denn das Motto der Kapverdier lautet „No stress“. Kein Laden, kein Lokal auf den Inseln, das nicht mit jenen zwei Worten wirbt, die den Charme der Insulaner ausmacht. Schnell geht hier nichts, „No stress“ ist die Lebensphilosophie. Vor allem aber sind die Insulaner aufgeschlossen. Das Land, das erst im Jahr 1991 die ersten freien Wahlen abhielt, gilt als nahezu visionär für einen afrikanischen Staat: Es gibt weibliche Ministerposten, Frauen in Führungspositionen, Familien ohne Trauschein – und Homosexualität ist von Gesetzes wegen erlaubt.

Ein Urlaub auf den Kapverden ist ein bisschen wie eine Zeitreise. So wie sich die Tage hier anfühlen, war das Leben vielleicht einst auf den Kanarischen Inseln, bevor der Tourismus kam. Eine raue Küste, von der Sonne verbrannte Erde mit tiefen Rissen, kleine ursprüngliche Dörfer – und sonst nichts. Ein Inselstaat mit Ecken und Kanten, der sich erst finden musste. Menschen, die mancherorts den Eindruck machen, als gäbe es nur sie und rund um die Inseln nur das Meer und keine Menschheit.

Alles geht ein bisschen langsamer. Touristen trudeln nicht in Strömen ein, von Over-Tourismus keine Spur. Selbst auf den beiden Inseln Sal und Boa Vista, die touristisch am meisten erschlossen sind, ist das Leben entschleunigt und pur. An den Stränden kann man stundenlang spazieren gehen, ohne jemandem zu begegnen. Die einzige Gesellschaft sind der weiche Sand und die wilden Wellen, die so hoch und weit brechen, als würden sie einen begrüßen, aufmüpfig und zischend, wenn sich die Gischt in salzigen Tropfen auflöst und mit dem Meer vereint, um wieder dorthin zu fließen, wo es nichts gibt als den Ozean.


Offenlegung

Dieser Artikel erschien in einer gekürzten Version auf reisereporter.de. Weiterlesen:

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